Europa im Blick - Norbert Lins MdEP

02.11.2020

03.11.2020 - Vier Fragen zur Agrarpolitik an Norbert Lins

Liebe Leserinnen und Leser im Kreisverband Ravensburg,

Norbert Lins ist der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europäischen Parlament. Im Oktober 2020 hat das Parlament nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen seine Position zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2021 bis 2027 festgelegt. Dazu hat er uns vier Fragen beantwortet:


Vier Fragen an Norbert Lins

Zweieinhalb Jahre liefen die Verhandlungen zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Sind Sie zufrieden?

Ich bin erleichtert, dass wir ein sehr großes Etappenziel erreicht haben und mit dem Ergebnis zufrieden sein können. Die CDU konnte viele Vorschläge in das neue Gesetz einbringen. Als Volkspartei hat sich die CDU schon immer für die Landwirtinnen und Landwirte eingesetzt. Die Besonderheit der gemeinsamen Agrarpolitik ist der lange Zeitraum, über den entschieden wird. Wir haben nun die Weichen für die Jahre 2021 bis 2027 gestellt. Die Agrarpolitik ist einer der größten und wichtigsten Ausgabenposten des EU-Haushalts. Mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen aus der 1. Säule sollen an die Landwirtinnen und Landwirte für sogenannte „Eco Schemes“ verwendet werden. Mindestens 35 Prozent der Gelder aus der 2. Säule, das ist die Säule, die für die ländliche Entwicklung steht, müssen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden.

Stellt sich nach so langen Verhandlungen und einem Abschluss so etwas wie Katerstimmung ein?

Es fühlt sich gut an, dass nun ein Ergebnis vorliegt, das die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament mitträgt: Wir haben ein Verhandlungsmandat für die sogenannten Trilogverhandlungen gefunden. Die GAP hat mich natürlich in meiner Rolle als Ausschussvorsitzender besonders auf Trapp gehalten. Ich konnte in kürzester Zeit mit vielen hochrangigen Politikern und Vertretern der unterschiedlichsten Länder sprechen und den Verlauf aktiv lenken. Das hat mich sehr bereichert. Aber natürlich freue ich mich nun auch erst mal drauf, dass andere Themen in den Vordergrund rücken, bevor die Trilogverhandlungen beginnen.

Was genau sind die Trilogverhandlungen?

Die Trilogverhandlungen sind eine Besonderheit des Europäischen Parlaments, die es in Deutschland in keinem Kreis- oder Landtag und auch nicht im Deutschen Bundestag gibt. Der Trilog ist das Treffen der drei am Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union involvierten Institutionen. Beim Trilog verhandeln das Europaparlament, die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union, das ist die Vertretung der Mitgliedsstaaten, miteinander. Als Ergebnis wird die endgültige Zielsetzung der EU festgelegt.

Welche Punkte der Dossiers werden am umstrittensten sein, in welchen Bereichen wird die Einigung besonders schwer sein?

Das wären die zum einen die Kappung und Umverteilung. Die Erweiterung der stärkeren Förderung der ersten Hektare ist ein Modell, welches hier ohne großen bürokratischen Aufwand kleinere und mittelständische Betriebe zukünftig noch weiter unterstützen kann. Momentan wird dies in Deutschland schon angewandt.

Künftig wird zudem ein weiterer großer Prozentsatz der Direktzahlungen an ökologische Anforderungen geknüpft werden, die über die heutigen Anforderungen deutlich hinausgehen. Bei diesen neuen sogenannten „Eco Schemes“ soll auf EU-Ebene das Grundgerüst festgelegt werden, die Detailfragen sollen dann die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer landschaftlichen Begebenheiten festlegen. Der Prozentsatz der Eco Schemes dürfte einer der entscheidenden Streitpunkte in den Verhandlungen mit dem Rat sein, welcher hier eher etwas restriktiver ist.

Unser Ziel ist es, mit der aktuellen deutschen Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres die wichtigsten Bereiche des Dossiers abzuarbeiten. Erfahrungsgemäß werden die Verhandlungen nicht in diesem Jahr beendet sein. Das Dossier dürfte frühestens mit der portugiesischen Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2021 abgeschlossen sein. Die Mitgliedstaaten hätten dann nach einer zweijährigen Übergangsphase (2021 und 2022) der aktuell gültigen GAP ein gutes Jahr Zeit, um ihre Strategiepläne auszuarbeiten, sodass die neue GAP am 1. Januar 2023 in Kraft treten kann.