Aktuelles aus Europa - Norbert Lins MdEP

08.04.2020

10.06.2020 - Liebe Freundinnen und Freunde der CDU, die Farm to Fork-Strategie ist die langfristige Vision der Europäischen Kommission ...

...für eine nachhaltige Nahrungsmittelkette. „Vom Hof auf den Tisch“, so kann man diese Strategie auf Deutsch übersetzen, die ich begrüße und unterstütze. Zugleich ist diese Strategie für mich noch nicht wirklich zu Ende gedacht.

Für die europäische Landwirtschaft ist Versorgungssicherheit enorm wichtig. Das wissen wir nicht erst seit der Corona-Krise, doch die Krise hat uns die Probleme deutlich vor Augen geführt. Zu große Abhängigkeiten vom Ausland sind weder in der Nahrungsmittelproduktion noch bei der Produktion von Medikamenten sicher. Und eben auch nicht zuverlässig.

Wir stehen in der Landwirtschaft vor großen Herausforderungen, das kann ich nur immer wieder betonen. Ich hätte mir daher gewünscht, dass sich die Kommission mehr Zeit nimmt für die entscheidenden Folgenabschätzungen auf die langfristige Versorgungssicherheit. Das Papier der EU-Kommission ist mehr Stückwerk als Strategie. Anstatt die ganze Lebensmittelkette anzuschauen, liegen der Fokus und die Verantwortung hauptsächlich auf der "Farm" – das ist weder fair noch erfolgsversprechend. Für einen langfristig nachhaltigen Wandel müssen alle Akteure vom Hof über die Verarbeitung bis zum Tisch an einem Strang ziehen. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden an der Ladentheke, welche Landwirtschaft sie unterstützen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass vor allem die Stimme der Landwirtschaft gehört wird.

Gemeinsam mit Christine Schneider, EVP-Berichterstatterin im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI), habe ich als Vorsitzender des Agrarausschusses sowohl zur Farm to Fork-Strategie als auch zur Biodiversitätsstrategie drei Ziele formuliert: Wir wollen sichere und nährstoffreiche Lebensmittel mit hoher Qualität, nachhaltige und transparente Versorgungsketten sowie eine Lebensmittelkennzeichnung, die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzt verantwortungsbewusst zu entscheiden.

Diese Forderungen spiegeln unsere sechs Kernziele wider, die ich Ihnen gerne vorstellen möchte:

  1. Nachhaltige, leistungsfähige und klimaangepasste Lösungen für langfristige europäische Versorgungssicherheit. Die EU muss ihre Bevölkerung auch in Krisensituationen sicher ernähren können.
  2. Wettbewerbsfähige Landwirtschaft: Anreize anstatt Bürokratie - Unsere Landwirtschaft und der Ernährungssektor verdienen Wertschätzung für ihre Arbeit. Anstatt den Sektor mit zusätzlichen Auflagen zu überfluten, sollten wir sie dabei unterstützen, die notwendigen Investitionen und Veränderungen für die Zukunft zu treffen. Das geht durch die Förderung von Investition und Innovation, den Abbau von Bürokratie und Mut für neue (Züchtungs-)Technologien.
  3. Marktorientierte Zielkorridore: Das Maß aller Dinge sollte nicht eine bestimmte Zahl X, sondern eine Spanne von A bis B sein. Dies erhöht die Akzeptanz aller Akteure, geht auf den Bedarf und die Nachfrage von Verbraucherinnen und Verbrauchern ein, erlaubt Flexibilität bei Extremsituationen (Klimaveränderungen, Krisen) und ist nicht minder ambitioniert. Diese Zielkorridore sollen v.a. bei der Diskussion um Pflanzenschutz, Düngemittel und Bioanbauflächen zum Tragen kommen.
  4. Bioanbauflächen und Schutzgebiete: Ökologisscher Anbau soll nachfragegerecht gefördert werden, da dieser sonst zu Preisdumping und Überproduktion führt. Wir setzen uns dafür ein, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche erhalten bleibt um die Lebensmittelversorgung zu gewährleisten. Bei Bewirtschaftungsauflagen muss es in Absprache mit dem landwirtschaftlichen Nutzer einen finanziellen Ausgleich für die eingeschränkte Nutzung geben.
  5. Qualität und Nachhaltigkeit hat seinen Preis: Lebensmittelpreise sollten Transport- und Produktionskosten gerecht widerspiegeln. Wir wollen faire Handelspraktiken und strenge Maßnahmen gegen Lebensmittelfälschung und für faire Bezahlung der Akteure in der Lebensmittelkette. Das umfasst Kosten für mehr Regionalität, mehr Kreislaufwirtschaft, tiergerechten Transport, Haltung und Schlachtung und Ökoauflagen.
  6. Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden mit ihrem Kaufverhalten, welche Landwirtschaft sie fördern. Deshalb müssen sie gut informiert werden, um bewusste Entscheidungen bezüglich ihrer Ernährung treffen zu können. Diese Bildung trägt zu einer gesunden Ernährung, weniger Lebensmittelverschwendung und weniger ernährungsbedingten Krankheiten bei.

Lassen Sie uns im Gespräch bleiben zu diesem und den weiteren wichtigen Themen wie dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und auch der Überwindung der Folgen der Corona-Pandemie.

Mit besten Grüßen

Ihr
Norbert Lins


Farm to Fork-Strategie

Die "Vom Hof auf den Tisch"-Strategie ist Teil des Europäischen Grünen Deals mit seinem EU-Klimaneutralitätsziel bis 2050. Sie ist eng an die neue Biodiversitätsstrategie 2030 gekoppelt. Das EU-Lebensmittelsystem soll belastbarer und widerstandsfähiger werden gegen zukünftige Krisen wie jetzt Covid-19 und auch gegen immer öfter auftretende Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren.

Diese Strategie soll bestehende EU-Rechtsvorschriften ergänzen und die gesamte Lebensmittelversorgungskette abdecken. Die Hauptziele für 2030 sind die Verringerung des Einsatzes und des Risikos von Pestiziden um 50 %, die Verringerung des Einsatzes von Düngemitteln um mindestens 20 %, die Verringerung des Verkaufs antimikrobieller Mittel für Nutztiere und Aquakultur um 50 % sowie das Ziel einer ökologischen Bewirtschaftung von 25 % der landwirtschaftlichen Flächen.